Innehalten. Erinnern. Gedenken. Das ist für jeden Menschen elementar – um sich selbst zu verorten.
Erinnern und Gedenken spielt aber auch in unserer Außenpolitik eine grundlegende Rolle. Ganz bewusst wurde mir dies erneut bei den Gedenkveranstaltungen zum Ende des Zweiten Weltkriegs. An der Kriegsgräberstätte in Halbe stand ich im letzten Mai vor den Gräbern unzähliger Soldaten. Deutsche sind dort begraben, aber auch sowjetische Soldaten und Angehörige vieler anderer Nationen.
Ich stand nicht allein an den Gräbern dieser Menschen. Ich stand dort gemeinsam mit unseren ehemaligen Kriegsgegnern, mit Vertretern jener Länder, denen Deutschland unter nationalsozialistischer Herrschaft unsägliches Leid zugefügt hat. Gemeinsam gedachten wir der Opfer und Toten des Zweiten Weltkriegs. Dass dieses gemeinsame Erinnern möglich ist, nach all dem Leid, das von Deutschland ausging, das erfüllt mich mit Demut und Dankbarkeit.
Klar ist: Jedes Volk gedenkt auf seine Weise – der eigenen Opfer, der eigenen Schmerzen, der eigenen Taten. Und aus diesem Verständnis der eigenen Geschichte erschließt sich heutiges Handeln, heutige Politik. Genau aus diesem Grund ist es für internationale Partner so wichtig, sich mit der Erinnerung des anderen auseinanderzusetzen: Nur wenn wir wissen und würdigen, welche Träume - und vor allem auch Traumata - das Denken und Fühlen des anderen bestimmen, welche historischen Narrative aktuelle Antworten mit beeinflussen, nur dann können wir auch das Handeln des anderen wirklich verstehen.
Erinnerung kann uns zusammenbringen. Und sie kann uns helfen, uns zu verstehen, uns zu verorten. Als Menschen. Aber auch als Partner in einer internationalen Gemeinschaft.
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