Portrait Manuela Schwesig

Das erste Lächeln des eigenen Sohns, dieses Lied auf der Geburtstagsparty oder das Erdbeereis in der Eisdiele um die Ecke – schöne Erinnerungen sind ein Lebenselixier, das uns immer wieder Freude macht. Erinnerungen an Erfolge stärken uns. Erinnerungen an Misserfolge können uns schützen. Erst die Fähigkeit, sich erinnern zu können, versetzt uns in die Lage, die Gegenwart zu beurteilen und in die Zukunft zu denken.


Wer wir sind, wie wir uns und andere in der Welt wahrnehmen und bewerten, das macht unsere Identität aus. Menschen, die durch Demenzerkrankungen ihr Gedächtnis und ihre Erinnerungen verlieren, sind praktisch ihrer Wurzeln beraubt. Manchmal erkennen sie den Geschmack des Erdbeereises noch, aber die Namen der geliebten Enkel haben sie vergessen. Es liegt an uns, ihnen Stütze und Halt zu sein, ihnen Identität und Würde zu bewahren.


Den größten Halt finden an Demenz erkrankte Menschen in ihren Familien. Ehepartner, Töchter und Söhne, Enkel, Nichten, Neffen und andere Familienangehörige halten durch ihre Besuche und ihre Fürsorge die Erinnerung an die Liebe, das gegenseitige Vertrauen und die gegenseitige Unterstützung wach. Manchmal glaubt man an einem Blitzen in den Augen oder in einem Gemurmel zu erkennen, dass die demente Oma oder der demente Vater sich an etwas gemeinsam Erlebtes erinnern. Ob es tatsächlich so ist oder wir nur einen Reflex gesehen haben, ist vielleicht gar nicht so wichtig – solange auch wir uns an das Gemeinsame erinnern.


Manuela Schwesig

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