Portrait Renate Künast

Welch ein Glück ist ein erfülltes Leben, voll von Erlebnissen, großer Familie, Freunden, die wir auf dem langen Weg kennengelernt haben. Das kann uns niemand nehmen.


Wir schwelgen in Erinnerungen, erzählen, wie es war, betrachten Fotos. Das bleibt, macht unser Leben aus. Und all die Falten oder Grübchen im Gesicht, das ist gelebte Zeit. Und die Narben oder gar Hornhaut auf der Seele, das sind die Verluste von nahen Menschen. Das sind Verletzungen, die wir erlitten haben. Das macht uns aus. Auch der Streit, den wir miteinander hatten.


Wegstrecken, die wir gemeinsam gingen, können wir gemeinsam erinnern. Dann sind sie noch mal ganz dicht bei uns. Die Freude, das Glück oder auch Trauer, Schmerz und Leid. Das hat uns geprägt. Das alles bist du. Bin ich. Und unser gemeinsames Stück des Weges.


Aber eines Tages saß ich ganz allein bei dir. Du und ich. Und beide ganz allein. Du hattest die Erinnerungen verloren. Weg. Auf das Jetzt und Gerade konzentriert. Frische Waffeln mit Obst und Sahne. Gestrahlt wie ein Kind. Nur ich wusste, dass du meine Mutter bist. Mich großgezogen hast. Da drehten sich die Verhältnisse. Wenn ich mich erinnern will, muss ich es allein tun.


Wer bist du. Ohne all die Erfahrungen?


Renate Künast

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